Der Schafhof gehörte früher zwei Brüdern, die beide nicht verheiratet waren. Einer von ihnen war sehr fromm und war immer wieder zu Gast im Kloster, um Eier und Butter an die Klosterherren abzuliefern. Schließlich äußerte er den Wunsch, als Mönch dort aufgenommen zu werden. Der Abt zögerte eine Weile, stimmte dann aber dem Ansinnen des Bewerbers zu und nahm ihn als Bruder im Kreise der Benediktiner auf.
Da war er glücklich und sorgenfrei, er betete eifrig und ließ sich Essen und Trinken recht schmecken. Der Abt war so zufrieden mit ihm, dass er eines Tages anfragte, ob nicht auch sein Bruder ins Kloster eintreten wolle. Er tat dies natürlich nicht ohne den Hintergedanken, dass die beiden dann den Schafhof dem Kloster überlassen würden.
Der noch auf dem Hof lebende Bruder ritt zwar ins Kloster herab, machte den Mönchen aber schnell klar, dass er keinesfalls den Schafhof an die Abtei abtreten werde. Lieber wolle er tot umfallen.
Er ging wieder nach Hause und als er seinen Schafhof betreten wollte, traf ihn der Schlag und er war auf der Stelle tot.
Hungersnöte zogen damals über das Land und als der im Kloster verbliebene Bruder dort immer weniger zu essen bekam, überlegte er, ob er nicht wieder den Schafhof bewirtschaften solle. Das erfuhr auch der Abt und er ordnete an, ihm alltäglich die köstlichsten Speisen und einen zusätzlichen Krug Wein zu reichen. Daraufhin war der Schafhofbesitzer wieder mit seinem Dasein im Kloster zufrieden. Aber nun aß und trank er so übermäßig, dass er bald daran starb.
Die Urkunde für die Überschreibung des Schafhofs an das Amorbacher Kloster war schon ausgestellt, allerdings war sie noch nicht unterzeichnet. Die Mönche überlegten nicht lange und setzten selbst die fehlende Signatur darunter.
Seit diesem Tag gehört der Schafhof zum Amorbacher Benediktinerkloster.
Quelle: Springer, Bernhard (2016), Mönche, Geister, Spukgestalten, Sonderveröffentlichung 3
Bild: Samira Bönecke (5. Klasse)
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