Wenn früher die Schäfer zu faul waren, am Pferch auf ihre Tiere aufzupassen und stattdessen lieber ins Wirtshaus gingen, liefen sie drei Mal um den Pferch herum und bannten ihn. Somit konnte durch magische Kräfte kein Tier entweichen, auch wenn der Schäfer nicht in Sichtweite war.
Als der Schäfer aus Beuchen einmal mit seinem Genossen aus Kirchzell beim Most saß, kamen sie auf das Bannen zu sprechen. „Du kannst einen Dreck!“, meinte der Kirchzeller und fuhr fort: „Ich kann deinen Bann bezwingen und hole dir den besten Hammel aus dem Pferch!“ So schlossen sie darüber eine Wette ab.
Es war ein milder Wintertag und die Tiere waren noch draußen. Also zog der Kirchzeller Schäfer los, um den Hammel zu holen.
Der Beuchener aber wartete im Wirtshaus und trank noch genüsslich einen Schoppen. Als es schon auf Mitternacht zuging, machte er sich auf und meinte zu den anderen Gästen: „Ich will einmal sehen, wie weit er mit meinem Hammel ist!“
Als er am Gehege ankam, erblickte er den anderen im Pferch sitzend mit dem Hammel auf dem Rücken. Erbärmlich schrie er um Hilfe, denn er konnte sich nicht vorwärts und nicht rückwärts bewegen. Da rief der Beuchener ihm zu: „Du hast Glück! Ich muss dich bald befreien, denn wenn man gebannt hat, muss man bis zum Morgengrauen nachsehen und den Bann ablösen, sonst zerfällt man selbst zu Staub!“
So kam der Kirchzeller Schäfer schließlich wieder frei und machte sich zitternd auf den Heimweg ins Tal.
Quelle: Springer, Bernhard (2016), Mönche, Geister, Spukgestalten, Sonderveröffentlichung 3
Bild: Gülsüm Kücük (3. Klasse)
© 2024 Bayerischer Odenwald